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Inhaltsverzeichnis

Marcus AureliusSeite 8
Pablo PicassoSeite 37
Salvador DaliSeite 61
Friedrich der GroßeSeite 104
Voltair Seite 126
Mahatma GhandiSeite 142
Vincent van GoghSeite 162

 

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Rediroma Verlag

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ISBN: 978-3-96103-614-1
Preis: 9,95

Das leitende Prinzip meiner Seele [Leseprobe]

Ich sprach mit den Größen ihrer Zeit - Band 1



Das ist ein Gespräch mit dem „Philosophen auf dem Kaiserthron“, Marcus Aurelius, so wie es stattgefunden haben könnte. Alle hier wiedergegebenen Antworten sind, mindestens ihrem Sinn nach, schriftlich überliefert und verbürgt. Die Fragen wurden vom Autor eingepasst.

Marcus Aurelius ist eine der überragenden Gestalten der Antike und es ist erstaunlich, dass ein Mensch, der zwanzig Jahre der mächtigste Mann der Welt war, Gedanken und Aphorismen zur Selbsterziehung und zur Erinnerung an Grundsätze der eigenen Lebensführung von sich gab, die heute nichts an Gültigkeit verloren haben.

Marcus Aurelius Antonius kam am 26. April 121 n. Chr. in Rom zur Welt. Er erhielt vielseitigen und gründlichen Unterricht in griechischer und lateinischer Rhetorik, in Philosophie und Malerei, wobei er sich früh auf die Philosophie konzentrierte. Als Adoptivsohn, Mitregent und Nachfolger seines Onkels, des Kaisers Antonius Pius, verbrachte er die 19 Jahre seiner Herrschaft größtenteils im Feldlager, um das Reich gegen die anstürmenden Germanenstämme zu verteidigen. Er starb am 17. März 180 in Vindobona, dem heutigen Wien, an der Pest.

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Frage: „Excellenz, Ihre Betrachtungen und Gedanken kreisen stets um das Bestreben, dass jeder ein guter Mensch sein sollte. Wie werde ich ein guter Mensch?“

Marc Aurel: „Achte darauf, dass du dich nicht zum Cäsar machest und entsprechend färben lässt. Denn das kann geschehen. Sorge also dafür, dass du ein einfacher, guter, ehrlicher, ernsthafter schlichter Mensch bist, ein Freund der Gerechtigkeit, gütig, liebevoll und stark für die Leistungen die du zu erbringen hast. Kämpfe darum, dass Du so bleibst, wie dich die Philosophie haben wollte. Achte die Götter, rette die Menschen. Das Leben ist kurz. Die einzige Frucht des irdischen Lebens ist eine fromme Gesinnung verbunden mit Taten zum Wohle der Mitmenschen. Erweise dich als Schüler des Antoninus: Seine Ausdauer bei der Durchsetzung vernünftiger Maßnahmen, seine vollkommene Ausgeglichenheit, sein heiterer Ausdruck, seine Freundlichkeit, seine Freiheit von Eitelkeit und sein Ehrgeiz beim Erfassen von Tatsachen. Und wie er überhaupt nichts aus den Händen gab. Und wie er diejenigen ertrug, die ihm zu Unrecht Vorwürfe machten, ohne selbst wieder Vorwürfe zu machen. Und wie er nichts übereilte und keine Verleumdungen hören wollte. Und wie gründlich er die Charaktere und Taten prüfte, wie frei er war von Tadelsucht, von Ängstlichkeit, von Argwohn, von Spitzfindigkeiten. Und wie zufrieden er war mit Wenigem, was z.B.

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seine Wohnung, sein Bett, seine Kleidung, seine Nahrung und seine Dienerschaft betraf. Und wie fleißig und geduldig er war. Und wie er aufgrund seiner einfachen Ernährung dazu in der Lage war, bis zum Abend an derselben Stelle zu bleiben und nicht das Bedürfnis hatte, außerhalb der gewohnten Stunde seine Notdurft zu verrichten.

Und, dass er in seiner freundschaftlichen Beziehung fest und gleichmäßig war. Und dass er diejenigen ertragen konnte, die seinen Überzeugungen offen widersprachen, und dass er sich freute, wenn ihm jemand etwas Besseres zeigte, halte dir das vor Augen, damit du in deiner letzten Stunde ein ebenso gutes Gewissen hast wie er.“

Frage: „Dieses sind sehr hohe Verhaltensprinzipien und die Beherrschung verschiedener geistiger Modifikationen. Eigentlich ist dazu nichts mehr zu sagen?“

Marc Aurel: „Gar nicht mehr über das Wesen des guten Menschen diskutieren, sondern ein solcher sein“

Frage: „Ein guter Mensch entsteht doch auch sehr oft aus vernünftigem Handeln. Schwer genug. Was geben Sie uns hierzu auf den Weg?“

Marc Aurel: „Keine Anstrengung ist für die Hand oder den Fuß unnatürlich, solange der Fuß die Aufgabe des Fußes und die Hand die Aufgabe der Hand

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erfüllt. So ist also auch für einen Menschen als Mensch die Anstrengung nicht unnatürlich, solange er dabei die Aufgaben des Menschen erfüllt. Wenn sie aber nicht unnatürlich ist, dann ist sie auch kein Übel für uns.“

Frage: „Kann man solches auch übertreiben?“

Marc Aurel: „Siehst du nicht, wie sich die einfachen Handwerker bis zu einem gewissen Grade den Vorstellungen der Nichtfachleute anpassen, aber nichtsdestoweniger an den Regeln ihrer Kunst festhalten und nicht bereit sind, davon abzuweichen? Ist es nicht schlimm, wenn der Architekt und der Arzt die Regeln ihrer jeweiligen Kunst mehr achten, als der Mensch seine spezifischen Fähigkeiten, die er mit den Göttern gemeinsam hat?“

Frage: „Wie weit beeinflusst das Leitprinzip anderer Menschen mich selbst?“

Marc Aurel: „Kümmere dich nicht um das selische Leitprinzip fremder Menschen, sondern sieh genau dorthin, wohin die Natur dich führt, d.h. die Natur des Weltganzen durch das, was dir passiert, und deine individuelle Natur durch das, was von dir zu tun ist. Jeder aber muss das tun, was seinen natürlichen Anlagen entspricht. Die übrigen Wesen sind wegen der vernünftigen Wesen vorhanden, wie in jedem anderen Falle das Geringere für das Höhere da ist, und die vernünftigen Wesen füreinander geschaffen sind. Die wichtigste Eigenschaft der spezifisch menschli

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chen Natur ist die Solidarität mit den Mitmenschen; die zweite ist die Unnachgiebigkeit gegenüber körperlichen Anfechtungen. Denn es ist eine Eigentümlichkeit der vernunftbestimmten Aktivität, sich abzugrenzen und der Wahrnehmungsoder der Empfindungstätigkeit niemals nachzugeben. Denn beide sind den Tieren eigentümlich. Die vernunftbestimmmte Aktivität will immer überlegen sein und sich von jenen anderen Tätigkeiten nicht dominieren lassen. Gewiss mit Recht. Denn sie ist dazu geschaffen, jene ganz in ihren Dienst zu stellen. Die dritte Eigenschaft der vernunftbestimmten Natur des Menschen besteht darin, sich nicht zu etwas hinreißen zu lassen. Wenn sich das leitende Seelenprinzip daran hält, dann soll es ohne Umweg auf sein Ziel losgehen, und es behält seine Eigentümlichkeit.“

Frage: „Sich von der Vernunft leiten zu lassen ist aber doch stets richtig?“

Marc Aurel: „Was soll der Argwohn, wo es doch möglich ist zu sehen, was getan werden muss, und wenn du es siehst, in Heiterkeit und, ohne dich umzusehen, darauf losgehen, wenn du es aber nicht siehst, anzuhalten und die besten Ratgeber zu fragen, wenn sich dabei aber etwas an-deres in den Weg stellt, dann im Blick auf die vorhandenen Möglichkeiten wohlüberlegt vorwärts zu gehen, wobei du dich an das hältst, was dir richtig erscheint?

Es ist nämlich das Beste, dieses Ziel zu erreichen, da wohl jedes Abweichen ein Abweichen von diesem Ziel ist.“

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Frage: „Wie sollte man also durchs Leben gehen?“

Marc Aurel: „Aufrecht, nicht aufgerichtet!“

Frage: „Und was ist die Kunst dieses zu beherrschen?“

Marc Aurel: „Die Lebenskunst ist der Kunst eines Ringers ähnlicher als der Kunst eines Tänzers, insofern sie auf die Schläge und nicht vorhersehbaren Ereignisse vorbereitet ist und fest dasteht ohne zu wanken.“

Frage: „Und wie erreiche ich die Vollkommenheit meines Charakters?“

Marc Aurel: „Darin zeigt sich die Vollkommenheit des Charakters, dass man jeden Tag wie seinen letzten verbringt und weder sich aufregt noch in Untätigkeit erstarrt noch sich verstellt. Die Götter, die unsterblich sind, regen sich nicht darüber auf, dass sie auf ewige Zeiten so minderwertige Menschen in so großer Zahl ertragen müssen. Darüber hinaus sorgen sie sogar in jeder Hinsicht für diese. Du aber verlierst Mut und Kraft, obwohl du in gar nicht langer Zeit dein Leben beenden wirst, und das ist so, obwohl du doch selbst einer von den Minderwertigen bist?“

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Frage: „Es stürmen vielerlei Dinge im Laufe des Lebens auf mich ein. Wie soll ich alles auseinander halten?“

Marc Aurel: „Zuerst lass dich nicht verwirren. Denn alles wird im Sinne der Natur des Weltganzen geschehen, und in kurzer Zeit wirst du ein Nichts und nirgends sein wie Hadrian und Augustus. Dann richte deinen Blick ganz fest auf die Hauptsache und fass sie ins Auge und denk daran, dass du ein guter Mensch sein und tun musst, was die Natur des Menschen fordert; das tue, ohne dich umzusehen, und rede so, wie es dir am gerechtesten erscheint, nur immer freundlich, mit Taktgefühl und offen.“

Frage: „Ich treffe dabei so viele Menschen?“

Marc Aurel: „Mit wem du auch zusammentriffst, frag dich sofort: `Welche Grundüberzeugungen hat dieser Mensch über Gut und Böse?`, denn wenn er über Lust und Schmerz und ihre Ursachen und über öffentliche Anerkennung und fehlende Anerkennung, Tod und Leben bestimmte Grundüberzeugungen hat, dann wird es mir nicht verwunderlich oder seltsam erscheinen, wenn er etwas ganz Bestimmtes tut, und ich werde daran denken, dass er so handeln muss.“

Frage: „Es gibt aber so viele Dinge, die wir im Zusammenleben mit anderen nicht verstehen können?“

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Marc Aurel: „Eine bittere Gurke. Wirf sie weg. Dornen auf dem Weg. Weiche ihnen aus. Genügt das? Denn du wirst von einem Kenner der Natur ausgelacht werden, wie du auch von einem Zimmermann oder einem Schuhmacher ausgelacht werden würdest, wenn du daran Anstoß nehmen würdest, dass du in der Werkstatt Späne und Abfälle von den hergestellten Gegenständen siehst. Allerdings wissen jene Leute, wo sie ihren Abfall hinwerfen können. Aber die Natur des Weltganzen hat nichts außerhalb ihrer Grenzen, doch das Wunderbare an ihrer Kunst besteht darin, dass sie innerhalb ihrer selbstgesetzten Grenzen, alles was in ihr zu verderben, zu altern und unbrauchbar zu sein scheint, in sich selbst zurückverwandelt und wieder anderes Neues daraus herstellt, damit sie wieder Materie von außen heranziehen muss, noch einen Platz braucht, wohin sie das Verrottete werfen würde. Ihr genügt also ihr eigener Raum, ihr Stoff und ihre eigene Kunst.“

Frage: „Aber wie erreiche ich bei den vielen Wirrnissen mein Ziel?“

Marc Aurel: „Weder in den Taten oberflächlich und nachlässig sein, noch im Umgang mit anderen Verwirrung stiften, noch in den Vorstellungen ziellos umherschweifen, noch mit der Seele sich ganz und gar hinreißen lassen oder herausspringen. Noch im Leben keine Muse haben.

Sie töten uns, zerfleischen uns, verjagen uns unter Verwünschungen. Was bedeutet dies im Verhältnis dazu, dass die Seele rein, klug und gerecht bleibt? Wie wenn sich je

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mand an eine klare und süße Quelle stellt und sie beschimpft, die Quelle aber nicht aufhört, trinkbares Wasser hervorzusprudeln; auch wenn er Schmutz und Kot hineinwirft, wird sie diesen Unrat sehr schnell auflösen, fortspülen und keinesfalls trübe werden. Wie wirst du eine nichtversiegende Quelle und keinen Brunnen (mit stehendem Wasser) bekommen? Entwickle dich selbst jeden Tag zu einer Unabhängigkeit hin, die verbunden ist mit Freundlichkeit, Einfachheit und Taktgefühl.“

Frage: „Wie soll man seinen Tag beginnen?“

Marc Aurel: „Sich sofort nach dem Aufwachen aus dem Schlaf die Frage stellen: `Es wird dir doch wohl nichts ausmachen, wenn das Richtige und das Gute von einem anderen verwirklicht werden?`. Es wird mir nichts ausmachen. Du hast doch nicht vergessen, dass sich diese Leute, die sich mit ihren Lobeshymnen und Klagen über andere aufspielen, genauso verhalten, wenn sie im Bett liegen oder bei Tisch sitzen, und dass sie alles, was sie tun, meiden, verfolgen, stehlen, rauben, nicht mit ihren Händen und Füßen tun, sondern mit ihrem wertvollsten Seelenteil, durch den, wenn man es will, Treue, Zurückhaltung, Wahrhaftigkeit, Gesetz und ein guter Geist entstehen? Der alles gebenden und wieder nehmenden Natur, sagt der Gebildete und Zurückhaltende: `Gib, was du willst, nimm zurück, was du willst`. Er sagt dies aber nicht in Überheblichkeit, sondern nur in Gehorsam und Wohlwollen

ihr gegenüber.“

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Frage: „Der Respekt vor vielen Menschen ist groß!“

Marc Aurel: „Stell dir vor wie sie sind, wenn sie essen, schlafen, sich bespringen und bespringen lassen, sich entleeren usw… Dann wie sie den großen Mann spielen, wie sie angeben oder ihren Zorn zeigen oder von oben herab andere fertig machen. Aber vor wie vielen Leuten und aus welchen Gründen haben sie ein paar Tage zuvor noch gebuckelt? Und in Kürze werden sie dort sein, wohin alle gehen müssen.“

Frage: „Muss man sich da nicht sehr oft wundern?“

Marc Aurel: „Wie lächerlich und weltfremd ist derjenige, der sich über etwas wundert, was im Leben geschieht. Entweder gibt es die Unausweichlichkeit der Schicksalsfügung und eine unverletzliche Ordnung oder eine gnädige Vorsehung oder die Unordnung des unbestimmten Zufalls. Wenn nur der unausweichliche Zwang herrscht – warum leistest du dann Widerstand? Wenn aber eine Vorsehung, die sich gnädig stimmen lässt, dann verhalte dich so, dass du die göttliche Hilfe verdienst. Wenn aber die regellose Unordnung herrscht, dann sei froh, dass du in einem solchen Durcheinander einen lenkenden Geist in dir hast. Und wenn dich die Brandung fortreißt, soll sie das Fleisch, den Lebensatem usw. fortreißen, Denn den Geist wird sie nicht fortreißen.“

Frage: „Vielen von uns fehlt die Freude am Leben!“

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Marc Aurel: „Wenn du dich freuen willst, dann denk an die Vorzüge deiner Mitmenschen. Das ist z.B. bei dem einen die Tatkraft bei dem anderen die Zurückhaltung, bei dem nächsten die Freigiebigkeit, bei einem anderen noch etwas anderes. Denn nichts macht so viel Freude, wie die Erscheinungsformen der Tugenden, die in den Charakteren unserer Mitmenschen sichtbar werden und – soweit möglich - in großer Zahl zusammentreffen. Deshalb muss man sie auch immer zur Hand haben.

Du ärgerst dich doch wohl nicht, dass du so und so viel Pfunde wiegst und nicht dreihundert? So darfst du dich also auch nicht darüber ärgern, dass du nur so und so viele Jahre zu leben hast und nicht mehr. Denn wenn du mit dem dir bestimmten Umfang deines (leiblichen) Seins zufrieden bist, so sei es auch mit dem Umfang an Zeit.“

Frage: „Andere Menschen sind oft nicht auf meiner Linie?“

Marc Aurel: „Versuche, die Menschen zu überzeugen, handle aber auch gegen ihren Willen, wenn der Geist der Gerechtigkeit es so verfügt. Wenn sich dir allerdings jemand unter Androhung von Gewalt in den Weg stellt, dann lass es dir gefallen, nimm keinen Anstoß daran, benutze die Behinderung zur Verwirklichung einer anderen